Hochreligiös und migrantenfreundlich? Der nichtlineare Zusammenhang zwischen Religiosität und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland

Abstract

Der Artikel widmet sich dem Zusammenhang von Religiosität und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland und stellt die in bisheriger Forschung dominante Annahme infrage, zwischen den beiden Konstrukten herrsche ein linearer Zusammenhang. Stattdessen werden theoretische Argumente für einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen Religiosität und Fremdenfeindlichkeit präsentiert. Die Sonderrolle hochreligiöser Christinnen und Christen, also ihr erhöhtes Niveau an fremdenfeindlichen Einstellungen, wird über die wahrgenommene Benachteiligung der Eigengruppe gegenüber Eingewanderten begründet. Durch die Bezugnahme auf die Theorie sozialer Produktionsfunktionen kann die Argumentation zudem in einen allgemeinen theoretischen Rahmen eingebettet werden. Auf Basis der „Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften“ (ALLBUS) aus den Jahren 2006 bis 2021 wird der vermutete nichtlineare Zusammenhang untersucht. Es zeigt sich empirisch, dass in Ostdeutschland eine lineare, in Westdeutschland jedoch eine nichtlineare Verknüpfung zwischen Religiosität und Fremdenfeindlichkeit vorliegt. Während im ostdeutschen Kontext ein Mehr an Religiosität mit einem geringeren Niveau fremdenfeindlicher Einstellungen einhergeht, zeigt sich im westdeutschen Kontext, dass Hochreligiöse von der Linearitätsannahme früherer Forschung abweichen, also mitnichten migrantenfreundlich, sondern vergleichsweise migrantenfeindlich sind. Abschließend werden die Kontextspezifität der Ergebnisse sowie deren Verallgemeinerbarkeit diskutiert.

Publication
Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik
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Jan-Philip Steinmann
Postdoctoral researcher

Head of the research unit “Aetiology of Deviance” at the Criminological Research Institute of Lower Saxony (KFN), Germany